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Mama, du tust mir weh!

16. November 2017 Sylvi 16Comment

Ihr Lieben,

es gibt eine Situation aus dem Sommer, die mir immer noch nicht aus dem Kopf geht und über die ich ziemlich oft nachdenke. Es war ein Sommertag und der Lieblingsmann machte mit MiniMotte Mittagsschlaf während die Große bastelte. Ich saß mit meinem Laptop unten im Hof und wollte ein paar Rezensionen schreiben.

Wir leben in einem Mehrfamilienhaus und unserer Hof ist umringt von anderen Mehrfamilienhäusern. Aus einer Wohnung drang eine wütende Frauenstimme.

„Wieso schmeisst du das Eis einfach in den Mülleimer?“

„Immer willst du erst etwas haben und dann isst du es nicht!“

„Du schätzt es nicht, wie gut es dir geht!“

Neben mir saß mein Nachbarskind. Sie machte gerade eine Pause vom Trampolinspringen und sagte: „Die Mama ist aber streng!“

Ja, mehr als streng!, dachte ich.

Bis heute denke ich immer wieder an diese Worte und vor allem an die Stimmlage dieser Mutter.

Manchmal frage ich mich, ob sie überfordert ist mit ihrem Kind. Manchmal frage ich mich, wie ihre eigene Kindheit war.

Und ganz oft denke ich an dieses Kind, was man nicht hörte und was dies ertragen musste.

Wir Eltern kennen alle solche Situationen in denen wir uns überfordert fühlen und ganz anders reagieren, als wir vielleicht eigentlich wollen, aber diese Situation war noch einmal eine ganz andere.

Ich kann es nicht beschreiben, aber es klang so kühl, so verletztend. Ich fühlte mich verletzt und das Kind tat und tut mir einfach nur Leid.

Eine solche Situation hätte es bei uns schon einmal deshalb nicht gegeben, weil meine Kinder nicht aufessen müssen. Ich esse auch nicht weiter, wenn ich satt bin und erst recht nicht, wenn es mir nicht schmeckt. Warum soll ich also von meinen Kindern erwarten, dass sie aufessen.

Doch mir geht es hier gar nicht so sehr um das gesprochene Wort, sondern mehr um die Stimmlage und diese spürbare Kühle.

Ich finde dies verletzend und ich selbst habe mich in dieser Situation selbst unglaublich betroffen gefühlt. Als wäre ich dieses Kind, was von der Mutter so respektlos behandelt wird.

Was denkt dieses Kind über die eigene Mutter? Wie fühlt es sich in dieser Situation?

Ich versuche meinen Kindern einen respektvollen Umgang und gegenseitige Wertschätzung mit auf den Weg zu geben. „Streit reinigt die Luft“ sagt man so schön, aber an einem Streit sind immer mehrere beteiligt.

Wenn wir hier streiten, dann streiten zwei und die Kunst zu streiten will ja auch gelernt sein. Dabei wird es hier auch mal laut, aber von beiden Seiten. Wichtig ist es doch auch hinzuhören und die Persönlichkeit des Anderen zu respektieren auch, wenn man gerade unterschiedlicher Meinung ist.

Doch diese Situation aus dem letzten Sommer war kein Streit, wie er vielleicht mal vorkommen kann. Es war respektlos gegenüber dem Kind und ohne jedwede Wertschätzung. Dieses Kind weinte nicht, schrie nicht, es sagte nicht: „Mama, du tust mir weh!“

Ich kenne diese Frau nicht und vielleicht war es nur eine Momentaufnahme. Vielleicht war sie unglaublich gestresst von dem Tag und einfach nur fertig, aber, wenn ich sie kennen würde, dann würde ich ihr sagen, dass mich diese Situation beschäftigt hat. Ich würde Sie fragen, wie ich ihr und ihrem Kind helfen kann. Ich würde ihr sagen, wie oft ich an ihr Kind dachte, dass nicht sagte: „Mama, du tust mir weh!“ und wie oft ich aber auch an sie dachte und mich fragte, warum sie so mit ihrem Kind umging.

Ich kann nur hoffen, dass diese Situation einmalig war, denn wenn es mich als Außenstehende immer noch betroffen macht, wie mag es dann dem Kind gehen?

Allzu oft verurteilen wir zu schnell, weil mir nur einen Ausschnitt kennen oder wie ich nur diese Worte und die Stimmlage der Mutter. Doch anstatt mit den Augen zu rollen oder uns darüber zu echauffieren, sollten wir bei solchen oder ähnlichen Situationen vielleicht einfach probieren mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Und zwar nicht verurteilend, sondern mit Einfühlungsvermögen. Zu fragen: „Hey, was ist los? Was macht dich so wütend, dass du so redest?“ ist besser als Wegschauen.

Ich musste das jetzt einfach mal aufschreiben und zu „Papier“ bringen, weil mich dieses Erlebnis einfach immer noch beschäftigt…

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16 thoughts on “Mama, du tust mir weh!

  1. Wenn es bei euch in der Nachbarschaft ist dann klingel doch mal bei der Frau und frag nach. Mehr als das sie dir die Tür vor der Nase zu schlägt passiert doch nicht 😉

  2. Kann man im Auge behalten. Strenger und kühler Tonfall kann vor kommen. Und ich habe schon einige Male erlebt, dass Kinder schreien. „Aua, du tust mir weh!“ und es war nicht mal jemand in der Nähe!
    Ein Nachbarsjunge in meiner Kindheit kreischte hysterisch, „Aua, aua, das tut doch weh!, dabei wollte ihm die Oma nur mal die Haare ein bisschen schneien. Und die Oma war nachweislich eine SEHR liebe Oma.

    Manchmal weiß man es nicht. Ich glaube es ist wichtig zu beobachten ob es der Familie generell gut oder schlecht geht. Und bei Bedarf muss man handeln.

  3. Also ich erkenne mich in der Mutter wieder und denke, es kann sein, dass ein Kind andauernd Sachen möchte und dann nicht respektvoll behandelt! Essen zum Beispiel. Viele Menschen haben nicht genug Essen und es ist nicht in Ordnung, speziell etwas zu wollen, so wie hier das Eis und es dann wegzuwerfen. Vielleicht hat sie Mutter sich das Geld für das Eis auch abgespart und muss nun ansehen, wie achtlos das Kind damit umgeht?!

    1. Ich empfinde genauso. In meinen Augen ist das weder auffällig streng, noch respektlos dem Kind gegenüber. Lebensmittel sind kostbar und den Kindern bewusst zu machen, dass sie nicht wahllos zugreifen können, um es sich dann wieder anders zu überlegen, weil der Apfel, die Banane oder das Eis ja in den Müll können, ist ein wichtiger Bestandteil der Erziehung. Dankbarkeit kann man bei kleinen nicht anerziehen, sehr wohl sollte man ihnen aber den verantwortungsvollen Umgang mit unseren Resourcen nahe bringen, sowie ein Gefühl der Verantwortlichkeit mitgeben, dass wir nur durch Glück in eine Überfluss Gesellschaft hinein geboren wurden, die so nicht für immer weiter bestehen kann. Und auch nicht sollte. Sollte mann alles nehmen, von allem ein Stück ab beissen und es achtlos wegwerfen, während eine große Menge Menschen garnichts haben?
      Meine Kinder müssen natürlich auch nicht jede Portion auf essen. Vor allem nicht, wenn ich sie ihnen auf den Teller gegeben habe. Sehr wohl aber sollen sie ihren Apfel aufessen, ihr Stück Obst, dass sie sich ausgesucht haben, deswegen frage ich sie vorher, ob sie das auch wirklich noch essen möchten, oder lieber noch etwas warten, oder den Apfel teilen, oder ob das Eis wirklich noch in den Bauch passt. Mir gefällt nicht, wie hier eine eigentlich richtige Richtung ins falsche Licht gestellt wird, vor allem weil wir alle die Hintergründe nicht kennen, die Worte, die vielleicht mahnend oder fragend davor gefallen sind. Vielleicht ist das ein häufiges Thema in der Familie? Vielleicht hat die Familie wenig Geld? Das Kind wurde in meinen Augen nicht respektlos behandelt. Und wenn es um den Ton geht, Hand aufs Herz, ich kenne keine Mutter, die nicht auch mal Phasen der Überforderung durchlebt, die nicht mal strenger klingt als sie es eigentlich meint, und die nicht mal die Nerven verliert. Ich habe drei Kinder und ich empfinde es als recht anstrengend, wenn andere Mütter (oftmals mit weniger Kindern) sich eine Meinung bildeb über mich oder meine Familie, ohne einen Einblick zu haben, was es heißt, in meinen Schuhen zu stecken. Oder in deinen, oder in denen der Nachbarin oder der Verkäuferin am Tresen, die sich nach 8 Stunden Stunden Arbeit nach Hause begibt, um dort ihre Kinder versorgen und ins Bett zu bringen und aufzuräumen und alles für den nächsten Tag vorzubereiten, wo alles nochmal von Vorne beginnt. Habt Verständnis füreinander. Wir leisten alle viel. Viele einfach anders und alle nicht immer hundert Prozent pädagogisch wertvoll. Aber solange die Liebe überwiegt, und man sich selbst ab und zu hinterfragt, kann es nicht alles falsch sein. Das Ergebnis zählt, lachende Kinder, die Blödsinn machen und Essen in Haar haben und abends ihrer Mama sagen, dass sie sie bis zum Mond, weiter bis zur Sonne und wieder zurück zur Erde lieben.

      1. Tatsächlich ging es mir mehr um den Ton bezogen auf eine Banalität. Meine Kinder sollen sich auch überlegen, ob sie noch etwas möchten oder lieber nicht. Aber wenn es Ihnen nicht schmeckt müssen sie es nicht aufessen (dann wollen sie aber auch keine zweite Portion). Und was den Ton bzw. die Worte betrifft, gibt es für mich einfach einen Unterschied zwischen wütend sein oder Überforderung und Erniedrigung. Aber vielleicht ist es mir auch nicht gelungen das so zu beschreiben, wie es war. Danke für deinen Kommentar!

  4. Ich kann Dich und Deine Gedanken absolut verstehen und nachvollziehen. Klar, es kann eine Momentaufnahme sein, alles ist harmonisch und völlig in Ordnung. Wie gesagt, es kann. Ich wäre auch aufmerksam und würde mir Gedanken machen… Denn wie oft passiert leider etwas und hinterher sagt man „Warum hat keiner geholfen !?“… Auch ohne die Mutter direkt zu verurteilen sollte man aufmerksam bleiben…

  5. Hallo, mit Interesse habe ich den Eintrag und dann die Kommentare gelesen. Wertschätzung von Dingen jeder Art sollten Kinder von „ uns „ lernen. Ein unpassender Tonfall kann ein Kind mehr verletzen, als wir uns so denken. Eine Mutter dieser Art sollte die Situation mal überdenken. Ich würde einfach darüber sprechen und dann das Eis in eine Plastikdose packen und einfach wieder einfrieren…. Natürlich bin ich fern und kenne die Situation nicht, aber manchmal kann es so einfach sein….

  6. Eine Mutter dieser Art??
    Sehr respektvoll…Wahnsinn wie sich hier manche erheben und Urteilen…seid ihr besser als das was ihr kritisiert?

  7. Hallo zusammen…

    Ich glaube hier verstehen viele vielleicht nicht, was für Auswirkungen so eine Situation auf die eigene Psyche haben kann… Hier geht es nicht darum, ob das Kind mit Essen respektlos umgeht und es geht nicht darum über die Mutter zu urteilen – hier muß man nämlich tiefer graben… Viel mehr geht es darum sich selbst zu fragen, wieso diese Situation dich so beschäftigt…

    Die Antwort: weil du selbst Mutter bist… So einfach ist es… Die Fürsorge hat uns der lieber Gott (wie meine Tochter ihn nennt) in die Wege gelegt… Es ist völlig normal, daß dir eine unangenehme Situation zwischen eines Kindes und deren Mutter so nahe geht… Und zwar nicht nur gegenüber des Kindes, sondern auch die Sorge um die Mutter… Und das ist auch gut so!

    Wie schon oft geschrieben, es könnte nur eine Momentaufnahme gewesen sein, denn Streit dringt leider sehr häufig nach außen, die Versöhnung jedoch ist was ganz persönliches… Es kann keine behaupten dene sei niemals eine Situation selbst vorgekommen, die man im Nachhinein nicht selbst bereut hat aber das ist auch ganz normal… Ich kann deshalb sowohl dich, Sylvi, als auch die andere Mutter völlig nachvollziehen… Wichtig ist aber die Versöhnung mit dem Kind, um das Verständnis im Kind zu erwecken aber auch die Schmerzen zu heilen…

    Die Frage bleibt, wie geht man mit so eine Situation um… Deshalb mein Rat an allen Mütter:
    1. Urteile nie eine Mutter die du nicht kennst, denn du weißt nie in was für eine Lebenssituation sie sich befindet…
    2. Wenn es z.b. öfters vorkäme und man sich Sorgen macht – handeln aber nicht einmischen… Hört sich widersprüchlich wann, ich weiß, aber jede Handlung führt zu eine Konsequenz… Hier ist deshalb viel Vorsichtig geboten und sollte gut überlegt sein… Selbst Einfühlungsvermögen kann manchmal (leider) missverstanden werden… Manchmal kann ein “Hallo. Wie geht’s?“ viel mehr Offenheit verschaffen wie eine direkte Ansprache…
    3. Wenn dir so eine Situation so beschäftigt, dann ist es an der Zeit zu reden… Rede mit deinen Kindern… Rede mit ihnen darüber, was sie am schönsten finden und was sie nicht so schön finden… Klar muß Streiten und den Respekt gegenüber andere gelernt werden müßen(!) aber das bringt man nicht mit befehlen oder predigen sondern mit zuhören und Klarheit am besten bei… Und glaube mir wenn ich sage, solche Gespräche bleiben den Kindern im Kopf…

    Ihr sieht also, es ist einfach sich wegen eine Situation mies zu fühlen und wie schnell man über andere urteilen kann – das ist menschlich… Öfters ist es leider Überforderung oder Alltagsstress was unsere Beziehungen schaden… Ich finde es dehalb auch gut, daß du diese Geschichte mit uns geteilt hast… Wer alles für sich behält trägt eine unnötige Last mit sich herrum. Und manchmal ist um Hilfe beten das beste was man machen kann…

    1. Hallo Juls,
      Danke für deinen Kommentar! Ich wollte die Mutter in gar keinem Falle angreifen oder über sie urteilen, noch mich über Sie erheben und bin auch nicht der Meinung, dass ich alles perfekt mache (ganz im Gegenteil). Wie du schon richtig gesagt hast, ging mir die Situation einfach selbst nach Wochen nah und ich wollte es einfach mal loswerden. Natürlich könnte es nur eine Momentaufnahme sein. Und ich hoffe sehr, dass es so ist. Ich danke dir für deine Tipps und diesen konstruktiven Kommentar,

  8. Es ist toll wenn man die Augen und Ohren öffen hält und in solchen Situationen eingreift! Leider kommt das viel zu selten vor und dann wird es auch noch vom Umfeld totgeschwiegen… ich finde es super das du darüber berichtet hast. Es zeigt Stärke und Mut auf so ein Thema aufmerksam zu machen! ??

  9. Ja der Ton macht die Musik, mir tun auch oft Kinder in meiner Umgebung leid, mal in der Straßenbahn, mal im Einkaufsladen. Auch ich werde mal laut, weil auch ich einfach ein Mensch bin. Ich weiß noch wie meine Mutti manchmal meinte „ich bin auf 180“. Ihr denke es ist ein gewaltiger Unterschied zu schimpfen oder dem Kind etwas ernster etwas zu vermitteln und das Kind mit Worten anzugreifen oder zu verletzen. Ich verstehe dein Gefühl in dieser Situation und würde auch immer mal die Ohren offen halten.

  10. Ich seh‘ hier das Problem nicht? Wenn man sich freiwillig etwas zu essen nimmt, hat man es zu essen und nicht in den Müll werfen. Lebensmittel sind wertvoll und kosten Geld. Das müssen auch Kinder lernen.

  11. Diese Situation ist bekannt. Natürlich ist es kein respektvolles Verhalten der Mutter.. ABER GANZ EHRLICH? Ich habe mich darin wieder gesehen. Job, Nebenjob und eine Pflegebedürftige Mutter…alleinerziehend. Nein, das ist keine Entschuldigung. Aber für mich Alltag und am Ende des Tages? Da schmeckt der Tochter das Essen nicht, die Klassenarbeit war schlecht und ich mit den Kräften am Ende.
    Und dann? Schreie ich und schimpfe und es tut mir im selben Moment leid…

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