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Regretting Motherhood: Die Mutterglücklüge von Sarah Fischer – leider wenig überzeugend

18. März 2017 Sylvi 5Comment

Ihr Lieben,

kürzlich habe ich das Buch Die Mutterglücklüge von Sarah Fischer gelesen.

Bereut ihr eure Mutterschaft? Die meisten von euch sicherlich nicht, aber letztes Jahr gab es einige Artikel zum Thema Regretting Motherhood in den Medien. Ich hatte die Debatte am Rande verfolgt und wollte verstehen, wie diese Frauen denken und fühlen und welche Beweggründe ausschlaggebend dafür sind, dass sie ihre Mutterschaft bereuen.

9783453280793_CoverDaher war ich sehr gespannt auf Die Mutterglücklüge. Regretting Motherhood – Warum ich lieber Vater geworden wäre von Sarah Fischer (Ludwig Verlag). Schlauer bin ich jetzt allerdings nur bedingt. Über Regretting Motherhood weiß ich leider nicht viel mehr, dafür kenne ich jetzt die persönliche Geschichte von Sarah Fischer. Fischer beteuert immer wieder, dass sie ihre Tochter liebt, aber dennoch nicht der Typ Übermutter sei und sein will. Aber zwischen dem Typ „Übermutter“ und dem tatsächlichen Bereuen der Mutterschaft liegen meines Erachtens noch tausend weitere Nuancen. Nur, weil sie nicht gern bastelt, nicht stundenlang auf dem Spielplatz sitzt und sich selbst nicht als den häuslichen Typ beschreibt, würde ich jetzt nicht schlussfolgern, dass man die eigene Mutterschaft bereuen müsste.

Zurecht zeigt Sarah Fischer in ihrem Buch viele gesellschaftspolitische Missstände auf, die gerade Mütter nur zu gut kennen, aber solche Aussagen, wie

„Die Mutter wird geboren, der Mensch, der sie vorher war, bleibt auf der Strecke.“
(Fischer, Sarah, Die Mutterglücklüge. Regretting Motherhood – Warum ich lieber Vater geworden wäre, München 2016, S.13.)

kann ich persönlich schwer nachvollziehen.

Ich bin gerne Mutter, daher sehe ich meine Kinder auch als mein persönliches Lebensglück an, auch wenn ich für sie mein Leben sicherlich auch neu sortieren musste. Ich habe durch sie weder mein Leben, noch meine Autonomie oder meine Identität verloren. Es gab Phasen, gerade wenn die Kinder noch klein sind, da dreht sich quasi alles um das Kind, aber auch in diesen Phasen kann man sich kleine Auszeiten gönnen, wenn man sie braucht.

Sarah Fischer sagt von sich selbst, dass sie nicht gerne ständig auf dem Spielplatz steht und ihre Tochter auf der Schaukel anschupst. Hey, wer kennt das nicht? Ich mache das auch nicht jedes Mal gerne und manchmal möchte ich einfach nur nach Hause. Ich werde auch nicht gerne von älteren Damen angequatscht, was mein Kind denn für eine „unerzogene Göre“ wäre, weil sie gerade schreiend und um sich schlagend auf dem Gehweg liegt und selbst gutes Zureden sie nicht dazu bewegt, weiterzugehen. Welche Mutter kennt solche Situationen nicht? Bereut ihr aber deshalb, dass ihr Mütter geworden seid?

Unsere Gesellschaft ist nicht immer kinderfreundlich. Ich rege mich auch darüber auf, wenn ich ein Hotel buchen will und lese, dass Kinder erst ab 10 Jahren gestattet sind. Dann frage ich mich ernsthaft, welchen Stellenwert Kinder in unserer Gesellschaft noch haben, aber dies sind keine Gründe, um meine Mutterschaft zu bereuen. Stattdessen buche ich doch lieber die günstigere Jugendherberge – ist für die Kinder und uns sowieso viel schöner, weil Kinder einfach willkommen sind und nicht ständig funktionieren müssen.

Ich stimme Sarah Fischer in vielen Punkten zu, wenn sie gesellschaftliche Probleme anspricht, wie

„Ich wünsche mir einen deutlich entspannteren Alltag für die Mütter in Deutschland, …“, (ff., S.21)

aber ich kann daraus keine Beweggründe ableiten, die eigene Mutterschaft zu bereuen. Ist das wirklich Regretting Motherhood? Wenn es so ist, dann ist es für mich vermutlich einfach nur ungemein schwer dies nachzuvollziehen. Inzwischen habe ich eine Frau interviewt, die ihre Mutterschaft bereut. Das Interview zu Regretting Motherhood ließ mich mehr verstehen, was Sarah Fischer mit Mutterglücklüge meint.

Dennoch war dieses Buch für mich leider nicht gewinnbringend, denn unter der Regretting Motherhood-Debatte habe ich mir etwas anderes vorgestellt. Jedoch weiß ich nun sehr viel über Sarah Fischer persönlich, ihre Argumentation, ihre Beweggründe und über die Mongolei.

Ein aktuelles Interview mit Sarah Fischer findet ihr übrigens hier:

http://www.noz.de/deutschland-welt/familie/artikel/859485/warum-eine-frau-es-bereut-mutter-geworden-zu-sein

und hier:

http://www.svz.de/deutschland-welt/panorama/warum-eine-frau-es-bereut-mutter-geworden-zu-sein-id16288701.html

Und hier noch ein weiterer Artikel zu der Thematik:

https://www.welt.de/vermischtes/article161887671/Wenn-eine-Mutter-die-Familie-verlaesst.html

Kennt ihr das Buch? Wie ist eure Meinung dazu?

Mehr von mir:

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5 thoughts on “Regretting Motherhood: Die Mutterglücklüge von Sarah Fischer – leider wenig überzeugend

  1. Ich hatte mittags vom Handy kommentiert, aber ich glaube der kam nie an. Ich hoffe ich kann mich an alles erinnern. 😉

    Ich kenne das Buch nicht, aber die Diskussion habe ich natürlich mitbekommen. Was du erzählst, klingt eher so, als ob sie nicht verstanden hat, dass Mutterschaft eine individuelle Sache ist. Sie kann das doch für sich definieren, natürlich muss sie sich so auch etwas von gewissen (gesellschaftlichen) Vorstellungen und Erwartungen befreien.

    1. Liebe Lara,

      ja, danke das du dir die Mühe gemacht hast nochmal zu kommentieren, denn es kam tatsächlich nicht an. Dein Eindruck trügt dich aber nicht…
      Ich habe den Eindruck Sarah Fischer will sich aber gar nicht von gesell. Erwartungen befreien bzw. hat dann aber ein schlechtes Gewissen ihren eigenen Weg zu gehen bzw. sich dafür rechtfertigen zu müssen.
      Liebe Grüße
      Sylvi

  2. Liebe Sylvi,
    das Buch habe ich nie gelesen, und vermutlich werde ich das auch nicht. So wie ich auch sämtliche Artikel zum Thema „Regretting Parenthood“ bisher vermieden habe.
    Ich bin gerne Mutter und das bereue ich auch kein Stück. Aber ich kann mir vorstellen, dass es eben Menschen gibt, die nicht zum Eltern sein gemacht sind. Vielleicht haben sie sich alles viel schöner vorgestellt und sind nun enttäuscht und wünschen sich daraus?
    „Eltern sein“ ist ein Lebensmodell welches, meiner Meinung nach, nur ganz oder gar nicht funktioniert….

    Aber ich glaube, dass das Buch die eigentliche Thematik gar nicht so umfasst und eher beschreibt, was man als Mutter nicht immer alles machen möchte. Ich mag zum Beispiel auch nicht ständig auf dem Spielplatz sitzen 😀

    Liebe Grüße Melanie

  3. Ich weiss nicht, wozu wir diese neue Modebewegung samt neuem Modewort brauchen, nur um nicht zugeben zu müssen, dass wir Mütter sind und es manchmal gerne nicht wären. Das ist nur menschlich. Oder? Aber andererseits verstehe ich es auch. Denn es wird nun mal in der Gesellschaft von Müttern erwartet, dass sie sich immer und zu jeder Zeit und zu hundert Prozent mit ihrer Rolle wohl fühlen. Vielleicht brauchte es diese neue „Mode“, genannt „Regretting Motherhood“, um sich davon frei zu machen. Ich finde es jedenfalls – gelinde gesagt – albern. Und hoffe, es ist nur ein vorübergehendes Phänomen, nicht dass jetzt jede Mutter, die mal ohne ihre Kinder eine gute Zeit hat, ein Buch darüber schreibt 🙂

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