Vereinbarkeit Familie & Beruf

Vereinbarkeit von Familie und Beruf – meine Sicht der Dinge (#Vereinbarkeitsgeschichten)

16. Juni 2016 Sylvi 3Comment

Schon vor zwei Jahren gab es auf Initiative von Uta und Sabrina vom Vereinbarkeitsblog eine #Blogparade zum Thema #Vereinbarkeit von #Familie und #Beruf unter dem Hashtag #Vereinbarkeitsgeschichten. Seit einigen Wochen ist das Thema wieder in vielen Blogbeiträgen zu finden und wird heiß und hitzig diskutiert. Ich möchte mich dennoch heute dem Thema von einer anderen Seite nähern. Ich möchte nicht meine persönliche Geschichte in den Focus rücken (dazu gerne zu einem anderen Zeitpunkt) sondern mich dem Thema zunächst theoretisch und gesellschaftspolitisch nähern.

Vereinbarkeit –  Der Idealtypus

Idealtypischerweise würde ich unter #Vereinbarkeit verstehen, dass Frau und Mann, beide zu gleichen Teilen berufstätig, die Erziehung ihrer Kinder bzw. die Organisation drum herum zu gleichen Teilen aufteilen. Der englischsprachige Begriff Work-Life-Balance bringt es eigentlich ganz gut auf den Punkt. Familie und Beruf sollen in einem Gleichgewicht zueinander stehen und zu gleichen Teilen Beachtung finden. Doch ist dies in der Realität auch so?

Idealtypische Vereinbarkeit – geht das überhaupt?

In den letzten Tagen habe ich viele #Vereinbarkeitsgeschichten gelesen.  Aufgefallen ist mir dabei, dass in den allermeisten Fällen eben nicht die angestrebte Balance herrschte, sondern ein Elternteil in aller Regel doch einen größeren Teil an Erziehungsaufgaben übernahm als der andere. Das mochte unterschiedliche Gründe haben und am Ende geht es ja zunächst nur darum, ob die Familie sich mit ihrem Modell wohlfühlt und ihr Leben entsprechend ihrer ganz persönlichen individuellen Vorstellungen organisiert bekommt, aber ganz sachlich betrachtet war es in den allermeisten Fällen keine idealtypische Form von Vereinbarkeit. Mich persönlich bringt dies zu dem Schluss, dass es diese idealtypische Form in Wahrheit vermutlich nur in den allerseltensten Fällen gibt. Wenn ich diese These aufstelle, dann stellt sich natürlich auch die Frage nach dem „Warum“!

Vereinbarkeit = Familienfreundlichkeit?

Warum ich diese Zwischenüberschrift gewählt habe? Nun, mir ist klar, dass ich die beiden Begriffe natürlich nicht gleichsetzen kann, aber es sagt doch eine ganz Menge darüber aus, wie meiner Ansicht nach wahre Vereinbarkeit erreicht werden könnte. Für mich steht und fällt dieses gesellschaftspolitische Projekt  immer auch mit Maßnahmen zur Verbesserung der Familienfreundlichkeit. Was das genau heißt?

Um es Familien zu erleichtern Beruf und Familie gleichermaßen unter einen Hut zu bekommen, reicht es für mich nicht aus, dass in den Ausbau von Kindertagesstätten investiert wird (Nur nebenbei bemerkt: Ich lebe in Leipzig und hier ist die Situation momentan sehr schwierig, wenn junge Eltern einen Krippenplatz für ihr Kind wünschen, obwohl in Sachsen die Betreuung der Kinder unter 3 schon deutlich besser ausgebaut ist als beispielsweise in den westlichen Bundesländern.). Für mich bedeutet  Vereinbarkeit auch, dass ich als Arbeitnehmer auf familienfreundliche Arbeitgeber stoße, auf Arbeitszeitmodelle, die es ermöglichen Beruf und Kinder tatsächlich zu vereinbaren ohne großartige finanzielle Abstriche machen oder karrieretechnisch Einbußen hinnehmen zu müssen. Für mich bedeutet Vereinbarkeit, dass ich als berufstätige Mutter mich nicht ständig so fühlen muss, als würde ich im Hamsterrad um mein Leben laufen, um allen Ansprüchen an mich, den fremden als auch diejenigen, die an mich selbst habe, gerecht zu werden. Wie viele junge Frauen verschieben ihren Kinderwunsch, um erst einmal beruflich fest im Sattel zu sitzen? Doch angesichts von Generation Praktikum, ständigen Zeitverträgen und dem hohen Maß an Flexibilität, welche von den jungen Menschen erwartet wird, rückt das Thema Nachwuchs immer weiter nach hinten. Dieser Spirale allein mit Elterngeld oder Elterngeld plus  bzw. dem Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen entgegenwirken zu wollen, sehe ich persönlich als reinste Farce an. Die Stellschraube an der gedreht werden muss, sehe ich eher im Bereich der Unternehmen. Und es gibt natürlich auch schon einige, die ihren Arbeitnehmern wirklich vorbildhafte Modelle anbieten, aber in der Gesamtbetrachtung sind dies einfach noch zu wenige.

Vereinbarkeit – so kann es gehen!

Aus eigener Erfahrung, dazu ein anderes Mal mehr, weiß ich, dass die allzu oft politisch hochgelobte Vereinbarkeit  selbst auf Ebene der staatlichen Organisationen oft nur ein frommer Wunsch auf dem Papier bleibt und in der Praxis wenig Berücksichtigung findet. Dennoch kann es natürlich gehen, das will ich gar nicht in Frage stellen, aber der Focus sollte dabei auf die Kinder gerichtet werden und nicht auf den Wunsch nach eigener Entfaltungsfreiheit im Beruf. Auch die Unternehmen sollten den Focus auf die Kinder und ihre Bedürfnisse richten und nicht nur darauf, wie ihnen die Arbeitskraft des Arbeitnehmers möglichst uneingeschränkt zur Verfügung steht. Das heißt im Klartext, dass der Ausbau der Kinderbetreuung zwar gut und richtig ist, allerdings auch nicht die einzige Maßnahme bleiben darf.  Kinder brauchen ihre Eltern und sie brauchen gemeinsame Zeit. Gerade daran mangelt es allerdings häufig, da die Erfordernisse der eigenen Erwerbstätigkeit so allumfassend sind, dass die Kinder sich diesen Erfordernissen von klein auf unterzuordnen haben. Soll mehr Zeit für die Kinder bleiben, um ihr Aufwachsen zu begleiten, so ist es dann doch meist ein Elternteil, welches seine berufliche Laufbahn  einschränkt oder Teilzeitmodelle bzw. die Unterstützung von außen  (Großeltern und oder Babysittern) kommen zur Anwendung, um den Beruf mit der Familie  vereinbaren zu können.

Vielleicht ist dies auch der Schlüsselsatz:

Momentan versuchen wir allzu oft den Beruf mit der Familie zu vereinbaren, richtiger wäre allerdings wenn wir anders denken bzw. überhaupt  anders denken könnten. Nämlich: Wie können wir die Familie mit dem Beruf vereinbaren. Wir müssen also mehr aus Sicht der Familien denken. Auch Unternehmen würden sich mit dieser Sichtweise  einen großen Gefallen tun, denn nicht nur das sie der Gesellschaft damit einen großen Dienst erweisen,  werde sie selbst als Arbeitsgeber auch attraktiver und haben zufriedenere sowie motiviertere Arbeitnehmer.

Wie kann es nun also gehen?  Nun: Ich denke dass verschiedene Maßnahmen möglichst zahnradartig ineinander greifen müssen. Ausbau der Kinderbetreuung auf der einen Seite aber auch maßgeschneiderte Vereinbarkeitsmodelle auf der anderen Seite sowie die gesellschaftliche Anerkennung von Familienarbeit.

Vereinbarkeit: Jede Familie und jede Lebenssituation ist individuell

Ganz wichtig ist mir zum Schluss allerdings noch  folgendes:

Wie wir gesehen haben, gibt es nicht den einen richtigen Weg, um Familie und Beruf zu vereinbaren. Jede Familie muss für sich ihr individuelles Modell finden und je nach Lebensphase wird sich dies auch immer mal wieder verändern. Wichtig ist mir daher, dass wir diese unterschiedlichen Modelle anerkennen und niemandem ein Modell aufzwängen, welches für ihn und seine Vorstellung vom Leben nicht geeignet ist bzw. einfach nicht zu der eigenen Lebenssituation bzw. dem eigenen Umfeld passt. Die individuellen Rahmenbedingungen sind immer wieder unterschiedlich nicht nur von Familie zu Familie sondern auch von Lebensphase zu Lebensphase. Nicht jedes Modell ist für jede Familie kompatibel.

Daher brauchen wir möglichst maßgeschneiderte Vereinbarkeitsmodelle für all diejenigen, die sich ihre Arbeitszeit eben nicht frei einteilen können, weil sie z.B. selbstständig sind, und eine gute und qualitativ hochwertige Kinderbetreuung. Und ihr ahnt es schon, da sind wir dann beim nächsten Thema, welches dringend reformbedürftig ist.  Dazu aber ein anderes Mal…

Liebe Grüße

Sylvi

 

 

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